Fachkräftemangel im Pflegebereich: Es muss sich was ändern!

Fachkräftemangel im Pflegebereich: Es muss sich was ändern!

Der Fachkräftemangel nimmt in Deutschland immer weiter zu. Ein Ende ist nicht in Sicht. In den kommenden Jahren werden noch mehr Fachkräfte verloren gehen, da die geburtenstarken Jahrgänge in das Rentenalter eintreten. Der Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland stehen viele Unternehmen zögerlich gegenüber. Mittlerweile sind fast alle Bereiche betroffen, ganz besonders stark leidet jedoch der Pflegebereich.

Entwicklung des Fachkräftemangels

Den Höhepunkt des Fachkräftemangels verzeichnete Deutschland im Jahr 2018, ein nun erneut ansteigender Mangel wurde nach dem ersten Pandemiejahr beobachtet. Im März 2022 fehlten deutschlandweit mehr als eine halbe Million Fachkräfte. Die aktuelle Stellenüberhangsquote beträgt in den meisten Bundesländern 30-45 Prozent. Darunter liegen nur Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Mehr als die Hälfte aller offenen Stellen erfordern eine abgeschlossene Berufsausbildung. Anteilig betrachtet ist der Mangel besonders groß im akademischen Bereich. Die Zahl der nicht besetzten Ausbildungsplätze hat sich in den vergangenen 10 Jahren etwa verdoppelt.

Fachkräfte fehlen in allen Bereichen

Die am stärksten betroffenen Berufsbereiche sind laut dem Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung des Instituts der Deutschen Wirtschaft: Gesundheit und Pflege, Soziales und Bildung sowie das Handwerk. In diesen Bereichen können mehr als die Hälfte der offenen Stellen nicht mit entsprechend qualifiziertem Personal besetzt werden. Nur in den Bereichen Programmierung und Handel gab es einen leichten Rückgang offener Stellen gegenüber 2021. Der Fachkräftemangel im Bereich Gesundheit und Pflege ist seit Jahren durchgängig Thema, ohne dass es bisher durchschlagende Erfolge bei der Lösung dieses Problems zu verzeichnen gibt.

Fachkräftemangel im Pflegebereich

Vertreter der Pflege auf allen Ebenen kritisieren wiederholt fehlendes Engagement der Politik, um der Notlage entgegenzutreten. Das Thema wurde in den Koalitionsvertrag der Ampelregierung aufgenommen. Bisher sind leider keine entsprechenden Aktionen zu verzeichnen.

Verschärfend kommt im Pflegebereich hinzu, dass vor dem Hintergrund des demografischen Wandels erwartungsgemäß in den kommenden Jahren immer mehr Pflegebedürftige zu versorgen sein werden. Schon jetzt kommt es wiederholt zu temporären Schließungen ganzer Abteilungen, da die Mindestbesetzungen nicht eingehalten werden können. Leidtragende sind die Alten und Kranken, aber auch das Personal, das verschlissen wird, da es dauerhaft oberhalb seiner Belastungsgrenze arbeiten muss.

Lösungsansätze für die Pflege

Mehr Ausbildungsplätze schaffen

Ein mögliches und notwendiges Szenario ist die Aufstockung der Ausbildungsplätze. Es gibt durchaus eine große Anzahl Interessierter an Berufen aus dem Gesundheits- und Pflegebereich.

Viele, insbesondere junge Menschen, wünschen sich, für hilfsbedürftige Menschen zu arbeiten. Die Verdienstaussichten sind gut.

Auf Online-Portalen wie medi-karriere.de kann man sich umfassend über die verschiedenen Berufsbilder im Pflegebereich sowie über die Ausbildungs- und Verdienstmöglichkeiten informieren.

Pflegekräfte im Job halten

Das Einkommen ist für die Pflegekräfte schon länger kein vordergründiges Thema. Es sind eher die Arbeitsbedingungen, die ihnen zu schaffen machen. Sich um Kranke zu kümmern, erfordert auch, dass man selbst gesund und belastbar ist. Schwierig, wenn man dauerhaft für zwei arbeitet und das oftmals im 3-Schicht-System. Dazu kommen immer häufiger unzufriedene Patienten, da die Krankenschwester sich nicht ausreichend Zeit für den Einzelnen nehmen kann. Hier beißt sich der Hund also in den Schwanz: Die Personalnot führt zu weiteren Ausfällen von hoch motivierten Fachkräften, manche gehen für immer. 2022 hat die aktuell geltende Corona-Impfpflicht zu zusätzlichen Verlusten im Gesundheitsbereich geführt.

Berufsaussteiger zur Rückkehr motivieren

Eine Anzahl gut ausgebildeter, langjährig erfahrener Pflegekräfte hat in den vergangenen Jahren dem Beruf den Rücken gekehrt. Es gibt sicherlich eine Vielzahl von Gründen, aus dem Job auszusteigen, in der Regel wird es eine Kombination mehrerer Gründe sein. Einige dieser Gründe, zum Beispiel miserable Arbeitsbedingungen und fehlende Wertschätzung, können Stellschrauben sein, um das Personal zurück in den Job zu werben. Wer mit dem Gedanken spielt, dem Pflegeberuf eine neue Chance zu geben, findet auf verschiedenen Online Portalen mehrere tausend Stellenangebote im ganzen Land.

Bürokratie im Gesundheitswesen abbauen

Unsere Gesellschaft hat sich in eine Richtung entwickelt, in der Mitarbeiter im Gesundheitswesen unter Generalverdacht stehen, gesundheitliche Schäden bei den Patienten zu verursachen. Wer nicht gesund wird, so wie er es sich vorgestellt hat, oder eine Komplikation seiner Erkrankung erlebt, sucht immer häufiger den Fehler beim behandelnden Personal. Dies wird seit Jahren durch die Medien weiter angeheizt. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass alle Tätigkeiten am Patienten ausführlich dokumentiert werden müssen. Dazu kommt der Umstand, dass nur abgerechnet werden kann, was auch dokumentiert wurde. Durch die ausufernde Dokumentationstätigkeit haben die Pflegenden weniger Zeit für die persönliche Betreuung ihrer Patienten.

Entlastung der Pflege durch Automatisierung

Seit einigen Jahren gibt es Bemühungen, Pflegeprozesse zu automatisieren, um das Personal zu entlasten. Die entwickelten Hilfsmittel reichen bis hin zu Pflegerobotern. Dazu zählen aber auch der Einsatz mobiler Computer und einer optimierten Softwareumgebung, zum Beispiel für die Pflegedokumentation und Belegungsplanung.

Roboter unterstützen bei Transport- und Reinigungsarbeiten oder sind als Begleitroboter konzipiert. Letztere werden vor allem in der Pflege demenzkranker Patienten eingesetzt. Sie motivieren zum gemeinsamen Singen oder Spielen. Selbstverständlich können sie den menschlichen Kontakt nicht ersetzen, werden aber aufgrund der Personalnot künftig verstärkt genutzt werden müssen. Dabei ist die Akzeptanz unter den Patienten bisher durchaus positiv.

Gut ausgebildete Pflegekräfte aus dem Ausland

Im Ausland erfolgt die Pflegeausbildung nicht selten auf Fachschulebene. Auch hat der Beruf in anderen Ländern häufig ein höheres Ansehen als in Deutschland. In den vergangenen Jahren gab es Anwerbe-Projekte in verschiedenen Ländern, die durchaus erfolgreich verliefen. Sprachliche und kulturelle Barrieren sind jedoch nicht zu unterschätzen. Sie stellen eine tägliche Herausforderung im Pflegeprozess dar. Zudem sind die Pflegestandards im Ausland recht unterschiedlich. In vielen Ländern werden die Angehörigen des Patienten ganz selbstverständlich in die Pflege mit eingebunden.

Fazit: Die Politik ist gefordert

Politik, Arbeitgeber und Gesellschaft müssen dem Pflegepersonal mit mehr Wertschätzung begegnen. Mit der aktuellen Gesundheitspolitik lässt sich am Fachkräftemangel wenig ändern. Unsere Politiker sind gefragt, Gesetze zu ändern oder zu installieren, um gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen. Es sind mehr Fachkräfte für den Pflegebereich auszubilden und im Beruf zu halten. Es sind Anreize für aus der Pflege ausgeschiedene Fachkräfte zu schaffen, damit diese in ihren Beruf zurückkehren. Die Automatisierung im Gesundheitswesen muss stärker vorangetriebenen werden. Akut sind auch intensivere Bemühungen erforderlich, um qualifiziertes Pflegepersonal aus dem Ausland anzuwerben und es unseren Bedürfnissen entsprechend weiterzubilden.